Seit dem Inkrafttreten der Revisionen des Heilmittelgesetzes und der Arzneimittelverordnung am 1. Januar 2019 dürfen Apothekerinnen und Apotheker unter bestimmten Voraussetzungen verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne ärztliche Verschreibung direkt abgeben.
Um die zukünftige Bedeutung der erleichterten Medikamentenabgabe beurteilen zu können, haben wir unter Schweizer Apotheken eine Umfrage durchgeführt. Wir haben im Januar 2021 bei den Apotheken erhoben, ob die Praxis der erleichterten Medikamentenabgabe durch die Apotheke zukünftig zunehmen wird. Ebenfalls konnten sich die Teilnehmer zu verschiedenen Volkskrankheiten und Indikationen äussern, ob diese in Bezug auf die erleichterte Medikamentenabgabe an Bedeutung gewinnen werden.
Die Apotheken werden zukünftig mehr Aufgaben vom Hausarzt übernehmen
Die befragten Apotheken sind überzeugt, dass die medizinische Kompetenz (Beratung und Medikamentenabgabe) von Apotheken in der Zukunft stark zunehmen wird (Abb. 1). Diese Einschätzung ist interessant und es stellt sich die Frage, inwiefern die Apotheken Kompetenzen wie Diagnose und medikamentöse Therapie, die traditionell dem Hausarzt zugewiesen werden, in Zukunft selber ausüben werden.

Abbildung 1: Die Bedeutung der zukünftigen medizinischen Kompetenz von Apotheken in der Schweiz.
Falls die Schweizer Apotheken in Zukunft einen gewichtigeren Anteil an der Gesundheitsversorgung wahrnehmen, stellt sich konsequenterweise die Frage nach der Kosteneffizienz. Ob die weitere Kompetenzverschiebung vom Hausarzt zur Apotheke zu einem nachhaltigeren Gebrauch der Gesundheitsressourcen führt, ist zu überprüfen.
Metabolische, onkologische und psychiatrische Erkrankungen sind für die Apotheken nicht von Bedeutung
Die befragten Apotheker gehen davon aus, dass diejenigen Indikation, die schon zur erleichterten Medikamentenabgabe zugelassen sind, in der Apothekenzukunft noch noch weiter an Bedeutung gewinnen werden (Abb. 2). In der Evaluation stechen verschiedene interessante Indikationen heraus.

Abbildung 2: Die zukünftige Bedeutung der medizinischen Indikationen im Zusammenhang mit der erleichterten Medikamentenabgabe durch Apotheken.
Die Apotheker sind der Meinung, dass die Grippeimpfung und die Notfallkontrazeption in der Apotheke stark wichtiger werden. Diese Meinung ist im Fall von Adipositas und Diabetes weniger ausgeprägt. Keine zukünftigen Themen sind systemische Hormonerkrankungen, onkologische und psychiatrische Erkrankungen. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass in diesen Indikationen die kompetente Patientenbetreuung längerfristig und zeitintensiv ist.
Ist Ressourcenschonung bei gleichbleibender Qualität möglich?
Die Resultate zeigen, dass die Apotheker in der Schweiz der Meinung sind, dass die erleichterte Medikamentenabgabe an Bedeutung gewinnen wird. Die zu stellende Frage ist, ob mit der erleichterten Medikamentenabgabe die Ressourcen im Schweizer Gesundheitswesen geschont werden können - bzw. ob die medizinische Kompetenzverlagerung in die Apotheke einen kostendämpfenden Effekt für die obligatorische Krankenversicherung hat. Die Beantwortung dieser Frage ist anspruchsvoll und noch zu leisten.
Über diese Umfrage: Diese Umfrage wurde mit unserer Marktforschungsplattform in Schweizer Apotheken im Januar 2021 durchgeführt. Kooperationspartner in der vorliegenden Umfrage war www.verhaltensarchitektur.ch.
Marktforschungsplattform: Wir befragen regelmässig Aerzte, Apotheker, Patienten und Pflegende. Sie finden unser Angebot hier und stehen bei Fragen jederzeit zur Verfügung.
Über First Aid Marketing GmbH: Wir sind ein Serviceprovider für das Gesundheitswesen mit Fokus auf wissenschaftliche Evidenz, Marktforschung und Gesundheitsökonomie.